Institut für Bayerische Geschichte
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Revolution! Bayern 1918/19

Autoren/Herausgeber: Dr. Josef Kirmeier
Erschienen: 2008
Revolutionen finden sich in der deutschen Geschichte nur selten. Und doch wartet gerade Bayern mit einer Revolution auf, die zu den spannendsten Kapiteln der deutschen Geschichte gehört: Die Revolution von 1918, die zunächst weitestgehend ruhig verlief, die aber nach der Ermordung Ministerpräsident Eisners am 21. Februar 1919 in politischem Chaos und schließlich in einen Bürgerkrieg mündete. Dass selbst die Bezeichnung „Freistaat“, die Bayern heute trägt, auf die Revolution zurückgeht, ist kaum bekannt. Ebenso sind Verlauf und Auswirkungen kaum noch präsent.

Dr 90. Jahrestag der Münchner Revolution bietet die Gelegenheit, an dieses aufregende Kapitel bayerischer Geschichte zu erinnern. Das Haus der Bayerischen Geschichte, das Bayerische Hauptstaatsarchiv, das Institut für Bayerische Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München und die Monacensia nehmen den Jahrestag zum Anlass, im Literaturhaus München vom 26. November 2008 bis 22. Februar 2009 eine Ausstellung über Revolution, Räterepubliken und Bürgerkrieg zu zeigen.

Hintergründe

Die Münchner Revolution entstand keineswegs aus dem Nichts oder wurde der ahnungslosen Bevölkerung aufgestülpt – sie war vielmehr der Endpunkt einer gesellschaftlichen und politischen Krise, die sich von Kriegsjahr zu Kriegsjahr immer weiter verschärft hatte. Viele Menschen hatten Angehörige verloren und lebten einen Alltag in Hunger und Not. Kaiser und König mit samt ihren Regierungen schienen nicht nur unfähig, den Krieg zu beenden, sondern galten immer mehr als die eigentliche Ursache der Probleme.

Revolution und Regierung Eisner

Zur Explosion kam das revolutionäre Stimmungsgemisch am 7. November 1918: Nach einer Friedensdemonstration auf der Münchener Theresienwiese rief eine kleine Gruppe unter Führung des USPD -Politikers Kurt Eisner die Revolution in Bayern aus, der sich die Soldaten der Münchener Garnisonen rasch anschlossen. Auf Rat seiner Minister wich König Ludwig III. den Revolutionären und verließ noch am Abend des selben Tages seine Residenzstadt. In der Nacht zum 8. November rief Eisner die Republik aus, genauer: den „Freistaat“ Bayern.

In den folgenden Wochen veranlasste die aus linken Unabhängigen Sozialdemokraten und gemäßigten Mehrheitssozialdemokraten gebildete Regierung eine Reihe von Reformen, so z. B. das Frauenwahlrecht. Es gelang der Regierung von Ministerpräsident Eisner allerdings nicht, ihre Herrschaft zu stabilisieren. Bei den Wahlen zur bayerischen Nationalversammlung am 12. Januar 1919 sank die USPD von Ministerpräsident Eisner mit nur 2,5 Prozent der Stimmen zu einer Splittergruppe ab. In den politischen Wirren der folgenden Tage wurde Eisner auf dem Weg in den Landtag am 21. Februar von Anton Graf von Arco auf offener Straße erschossen.

Interregnum

Nach Eisners Ermordung und den Attentaten im Landtag versanken München und Bayern im politischen Chaos. Die Landtagsabgeordneten zerstreuten sich und die Regierungsmitglieder tauchten unter. Neue zentrale Rätegremien bildeten sich und ein gesamtbayerischer Kongress wurde einberufen. Dort sollte die Entscheidung zwischen parlamentarischer Demokratie und Rätesystem fallen. Die Mehrzahl der Delegierten stimmte gegen eine Räterepublik. Schließlich kam ein Abkommen mit den Landtagsabgeordneten zustande, die sich im Norden Bayerns neu organisiert hatten. Aber auch die neue Regierung mit dem Mehrheitssozialdemokraten Johannes Hoffmann an der Spitze konnte die politische Situation in der Landeshauptstadt nicht stabilisieren.

Erste Räterepublik

Aus dem politischen Chaos in München zog zunächst die extreme Linke Gewinn, deren Funktionäre am 7. April die „Baierische Räterepublik“ ausriefen. Dies offenbarte die Machtlosigkeit der Regierung und verschaffte den Revolutionären in München freie Hand. Ruhe ins politische Leben der Hauptstadt kehrte dennoch nicht ein.

Zweite Räterepublik und Bamberger Regierung

Der gewählte Ministerpräsident Hoffmann floh mit seinen Anhängern nach Bamberg. Am 13. April rüsteten sich Anhänger des Ministerpräsidenten zum Kampf und führten in München einen Schlag gegen die Räterepublik. Nach blutigen Gefechten riefen die Betriebs- und Soldatenräte im Hofbräuhaus in München die kommunistische Räterepublik aus. In dieser radikalsten Phase der Revolution wurde eine Rote Armee aufgestellt und das Bürgertum entwaffnet. Es kam zu Festnahmen politischer Gegner bis hin zum Geiselmord.

Bürgerkrieg

Diese blutige Phase im Frühjahr 1919 entwickelte sich zu einem Bürgerkrieg. Am 1. Mai schlossen Reichswehr- und Freikorpseinheiten – die „Weißen“ – einen Belagerungsring um München. In tagelangem Häuserkampf und unter hartem Vorgehen seitens der Freikorps- und Reichswehreinheiten wurde die Landeshauptstadt von den „Roten“ (also der 2. Räteregierung) zurückerobert.

Nachwirkungen und Mythos

Nach der Niederschlagung der Räterepublik setzten sich vorerst die parlamentarischen Kräfte durch. Bereits im Mai 1919 wurde die Bayerische Verfassung verabschiedet. Doch schlug das Pendel nun in die entgegen gesetzte Richtung aus. Bayern entwickelte sich in der Weimarer Republik zu einem Sammelbecken für nationalkonservative und völkische Gruppierungen. Unmittelbar nach der Niederschlagung der zweiten Räterepublik kam es zu einer Verhaftungswelle. Zahlreiche vermeintliche und tatsächliche Agitatoren der Räterepubliken wurden festgenommen. Die Anführer der Räterepublik wurden teilweise zu hohen Haftstrafen oder zum Tode verurteilt. Rechte Gewaltdelikte wurden dagegen kaum geahndet.

Lange Zeit blieb der Mythos die einzige Reflexion der historischen Ereignisse von Revolution und Räterepublik. Ausdruck hierfür ist eine regelrechte Presseflut, in der sowohl auf linker wie auf rechter Seite die Opfer der Revolution zu Märtyrern und die Überlebenden zu Helden gemacht wurden.

Literaten

Die Revolution, die zunehmende Radikalisierung bis hin zur kommunistischen Räterepublik, hat – angefangen bei expressionistischen Dichtungen bis hin zu Autobiografien – auch in die Literatur Eingang gefunden. Literaten wie Oskar Maria Graf, Ernst Toller und Erich Mühsam erzählen von Leid und Elend sowie von der Zuspitzung der politischen Situation. Nach der Niederschlagung der Räterepublik wurden die Revolutionäre verhaftet und verurteilt – darunter auch einige Literaten. In ihrer Haftzeit entstanden weitere Werke, die die Haftbedingungen und das konsequente und zum Teil einseitige Vorgehen gegen die „Roten“ in eindrucksvoller Weise beschreiben. In einer Abteilung der Ausstellung werden die Literaten und die Aufarbeitung der Revolution in den Mittelpunkt gerückt.

Aus dem Inhalt:

  • Der Weg zur Revolution 1918 (Renate Maier)
  • Revolution und Regierung Eisner (Stefan Schnupp)
  • Die zweite Revolution: Parlamentarismus oder Räterepublik (Markus Schmalzl)
  • Die erste Räterepublik (Florian Schurli)
  • Die kommunistische Räterepublik (Friederike Hellerer)
  • Die Regierung Hoffmann (Gabriele Neumeier-Sato)
  • Bürgerkrieg und Niederschlagung der Rätebewegung in München (Nora Kapfer)
  • Revolution und Räterepublik – Nachwirkung und Mythos (Claudia Kleylein)
  • Menschen 1918 (Alexandra Thun)
  • Literaturverzeichnis (Markus Schmalzl)

Revolution! Bayern 1918/19

Literaturhaus München, Salvatorplatz 1, 80333 München
Dauer der Ausstellung: 26. November 2008 bis 22. Februar 2009
Öffnungszeiten: Di - Fr 11 - 19 Uhr;  Sa, So und Feiertage 10 – 18 Uhr

http://www.revolution.hdbg.de


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